"Marmelade aus bitteren Orangen zu machen, gehört zu den vergnüglichsten Kocharbeiten überhaupt. Es ist nichts für diejenigen, die nur wegen des Endproduktes kochen. Wenn Sie das Orangenschälen, das sorgfältige Schneiden der Haut in feine Streifen und das ständige Überprüfen Ihrer Fortschritte auf dem Herd als Mühe empfinden, sollten Sie es sein lassen... Orangenmarmelade ist eine Küchenarbeit zum Schwelgen - man sollte jeden bittersüßen Spritzer aus der Schale einatmen, das Prickeln der Fruchtöle auf der Haut genießen und das Haus mit dem Duft von Orangennektar erfüllen." (Nigel Slater)
Nun ja, ganz so enthusiastisch wie Nigel Slater bin ich nicht, Orangenmarmelade kochen macht viel Arbeit, es gehört schon ein Portion Küchennerd dazu, und am Ende zählt für mich dann doch das Endprodukt, aber bei keiner anderen Marmelade ist die Freude über die fertigen goldglänzenden Gläser in der Vorratskammer so groß wie bei dieser. Und dieser Geruch beim Kochen ist definitiv ein wirksames Mittel gegen Winterdepressionen.
Bitterorangen (auch Pomeranzen oder Sevilla-Orangen genannt) haben von Natur aus einen hohen Pektingehalt, eine aromatische bittere Schale und saures Fruchtfleisch, sie wachsen hauptsächlich in Portugal und im spanischen Sevilla, und man macht aus ihnen die echte englische Marmelade und aus ihren Schalen Orangenlikör, Orangeat und Bitterorangenöl.
Bitterorangen haben eine kurze Saison und sind bei uns im Handel nur im Januar/Februar, manchmal bis Mitte März zu finden. Mein Gemüsehändler (die will doch keiner haben!) hat sie mir extra vom Großmarkt mitgebracht, Mindestabnahme 2 Kilogramm.
Es gibt verwirrend viele verschiedene Rezepte, manche kochen die Orangen zuerst und zerschneiden sie dann, manche schneiden die komplette Frucht in Scheiben, manche benutzen den weißen Teil der Schale, andere entfernen ihn pingelig, manche pürieren das Ganze, oder nehmen ein paar süße Orangen dazu oder Zitronen... Letztendlich ist es ein Frage des Geschmacks. Dazu noch mal Mr. Slater: "Ich mag es, wenn meine Orangenmarmelade in der Morgensonne glänzt. Eine juwelenbunt strahlende Mixtur, gerade so fest, dass die dünnen Schalenfäden darin zittern, aber nicht auf den Ärmel meines Morgenmantels tropfen... Sie ist ein Weckruf im Glas."
Genau so mag ich das auch, und trotzdem habe ich nicht das Rezept von Nigel Slater benutzt, sondern einen Mix aus verschiedenen Rezepten, mit mehr Bitterorangen und weniger Wasser als in vielen Rezepten, und für mich hat sie genau das richtige Verhältnis von leicht bitter und süß, nicht zu fest, sehr feine Schalenstückchen, superfruchtig, goldfarben... Aber genug geschwärmt, hier ist das Rezept:
Man benötigt:
2 kg Pomeranzen
Saft von ca. 6 Orangen (so dass Orangensaft + Pomeranzensaft 1 l ergibt)
Saft einer Zitrone
1 - 1,5 kg Zucker (die genaue Menge ergibt sich später nach dem Reduzieren der Flüssigkeit)
1 l Wasser
Zuerst die Pomeranzen gründlich abwaschen und abtrocknen. Mit einem Sparschäler abschälen und die Schale in sehr feine Streifen schneiden. Dann die Pomeranzen halbieren und auspressen (bei mir ergab es ca. 600 ml Saft), die Kerne und sämtliche Pressrückstände sammeln und in ein Mullsäckchen (Mulltuch/ausgekochtes dünnes Geschirrhandtuch o.ä.) füllen und gut zubinden. Das Mullsäckchen in einen Topf setzen, mit einem Liter Wasser übergießen, einmal aufkochen und dann über Nacht stehen lassen (durch das Stehen lassen wird angeblich das Pektin besser gelöst und die Marmelade geliert später besser). Die Zitrone und soviel von den normalen Orangen auspressen, bis man insgesamt (inklusive dem Pomeranzensaft) auf 1 Liter kommt, Saft in einen großen Topf geben, die geschnittenen Orangenschalen dazu geben und ebenfalls über Nacht stehen lassen.
Am nächsten Tag das Einweichwasser samt Mullsäckchen in den großen Topf mit dem Orangensaft/Schalen-Mix geben und das Ganze ca. 1 bis 1,5 Stunden sanft vor sich hin köcheln lassen, dabei keinen Deckel aufsetzen, die Flüssigkeit soll reduzieren. Wenn die Schalen weich sind (bei mir nach ca. einer Stunde), Herd ausstellen, das Mullsäckchen herausnehmen und auf einen Teller setzen (Achtung heiß!), da muss gleich der Glibber rausgedrückt werden. Jetzt wiege ich ab, wieviel Flüssigkeit + Schalen noch in dem Topf sind (schlau ist, wenn man am Vortag den leeren Topf wiegt, dann muss man jetzt nur noch mal wiegen und die Differenz ist das Ergebnis, so spart man sich das Umschütten zum Abwiegen), das waren bei mir 1,2 kg (bzw. Liter), und genauso viel Zucker gibt man dazu.
Nun braucht man den (jetzt leicht abgekühlten) Glibber, dazu den Mullbeutel immer wieder durchkneten und den austretenden Glibber mit einem Löffel abstreifen (Konsistenz wie Tapetenkleister), oder die Masse in ein Metallsieb geben und den Glibber vom Siebboden abstreifen, oder den Mullbeutel mit einer Kartoffelpresse bearbeiten, Hauptsache man bekommt möglichst viel Glibber in den Topf (bei mir waren es so etwa 3 Esslöffel). Der ausgedrückte Rest im Mulltuch wir nicht mehr benötigt und kann in den Bio-Müll.
Nun das Ganze wieder erhitzen, dabei unter Rühren den Zucker auflösen, mindestens 15 min sprudelnd kochen, dabei die ganze Zeit rühren, damit nichts anbrennt. Zur Gelierprobe etwas Marmelade auf eine Untertasse aus dem Tiefkühlfach geben und gucken, ob die Marmelade eine Haut bekommt, also leicht geliert, sonst noch weiter kochen... Ich bin mir nie sicher, ob die Marmelade fest genug ist, sie wurde es immer.
Wenn die Marmelade fertig ist, Herd ausstellen und noch ca. 10 min ruhen lassen, damit sich die Schalen besser verteilen, dann in die vorbereiteten Gläser füllen (bei mir ergab es 7 Gläser), 5 min auf den Kopf stellen, dann umdrehen und abkühlen lassen. Und stehen lassen, nicht dauernd nachgucken:-) Es kann bis zu einem Tag dauern, bis die Marmelade durchgeliert ist.
Schmeckt köstlich auf frisch getoastetem Brot mit Salzbutter.
Oder in diesem Eis.
Oder in diesem Schokoladenkuchen.
Kommentar schreiben
Frau Jule (Dienstag, 24 März 2015 21:02)
mist, da bin ich wohl schon zu spät. schade... vielleicht im nächsten jahr. ich mag orangenmarmelade sehr gerne.
liebe grüße,
jule*